Wachstum ist alltäglich. Überall um uns herum wird gewachsen. Kinder wachsen, Pflanzen wachsen, Haare wachsen, Schulden wachsen, Sorgen wachsen, Freuden wachsen, Preise wachsen. An den Beispielen sehen wir, das Wachstum neben einer positiven auch eine negative Richtung haben kann. Nach exakt 3 Monaten in der Mission stellen wir uns die Wachstumsfrage! (mit einer Prise Humor)
Wie kamen wir hier an?
Kinder messen ihr Wachstum mit einer Messlatte. Wer sich dabei das Datum der letzten Messung am Messpunkt markiert, hat den Vorteil, dass er das Wachstum exakt bestimmen kann. Also werden wir – biblisch wie wir sind 😉 – wie die Kinder und spulen die Zeit zu einem Messpunkt zurück: 09. März 2022.
An diesem Tag haben wir eine Komfortzone verlassen. Das war uns schon vorher klar. Nicht klar war, wie komfortabel diese Zone war. Das merkten wir dann so richtig am 10. März, aber auch am 10. April, am 10. Mai und auch am 10. Juni noch. Beispiele gefällig?
Außerhalb der Komfortzone
- Fiese Zahnschmerzen vergehen schonmal von selbst, wenn man merkt, dass man keine Ahnung hat, wo man in der Nähe einen Arzt finden kann, der zwischen keiner Behandlung und einem endgültigen mechanischen Eingriff noch andere Eskalationsstufen im Repertoire hat. (Das heißt nicht, dass es die nicht gibt, aber anfangs kennt man sie nicht.)
- Bis ein Kuchen in einem gasbetriebenem Backofen von oben leicht braun ist, ist er darunter schon ziemlich schwarz. Für ein verwöhntes Auge könnte demnach ein sehr heller Kuchen noch roh erscheinen und da das Auge bekanntlich mitisst ist das so eine Sache mit dem Kuchen. Genial, dass es bei Helene trotzdem richtig gut schmeckt.
- Heizungen sind nicht billig. Hier gibt es sie in der uns bekannten Form gar nicht. Dafür aber Häuser mit Fenstern und diese wiederum großzügig und ohne Aufpreis ausgestattet mit satten Spaltmaßen. Im Haus gilt: Außentemperatur ist gleich Innentemperatur. Nicht sehr angenehm bei frischen 5°C in der Nacht. Auch so etwas gibt es hier. Von den versprochenen „maximal 2“ kalten Wochen haben wir schon fast 3 durchgemacht. Immerhin.
Was nicht tötet härtet ab
Die Liste ist natürlich noch länger, aber die Geduld des Lesers ist ein hohes Gut, mit dem man vorsichtig umgehen sollte. In Kürze sei deshalb erwähnt, dass eine intakte Gemeinde, ein richtig gutes Umfeld mit Freunden, Geschwistern und Eltern nicht in Gold aufzuwiegen sind. Dazu kommen noch Gewohnheiten und Abläufe, die das Leben sehr vereinfachen. Mit den Vorteilen der Sprach- und Kulturkenntnis brauchen wir gar nicht erst anzufangen…
Hoffentlich klingt es nicht nach jammern. Wir nehmen es hier nämlich je nach Situation mit Humor, Vertrauen auf Gott und Tapferkeit. Letzteres ist übrigens ein älteres deutsches Wort, dass mit dem Aufkommen des Opferkults fast vollständig mit Selbstmitleit*Innen ersetzt wurde. (Entschuldigung für den Ausflug in die Untiefen der modernen deutschen Sprache.)
Was ist jetzt mit dem Wachstum?
Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht alles von heute auf morgen geschieht. Also haben wir uns zuerst einmal um die wichtigen Dinge gekümmert: Gewohnheiten etablieren, Supermärkte und Reifenhändler des Vertrauens finden. Letztere sind seeeehr wichtig! Gott sei dank! – das funktioniert auch schon ganz gut.
Heißt das, wir fühlen uns schon wie zuhause? Nein, aber schon besser, als am 10. März. Was fehlt? Jeder kennt das schöne Gefühl, wenn ein Witz erzählt wird und alle lachen, außer man selbst. Wir kommen mit der Sprache mittlerweile gut zurecht, können uns im Alltag ausdrücken. Aber es ist noch ein weiter Weg um sprachlicher Insider zu werden. Also bleibt uns bei Witzen nichts übrig, als einfach halbherzig mitzulachen und zu hoffen, dass niemand fragt: „Hast du den Witz verstanden?“. Wenn doch gefragt wird, lachen die anderen eben ein zweites Mal …
Gemeinde, Familie und Freunde sind nicht leicht zu ersetzen. Wir sind dabei, überwinden uns selbst und gehen auf die Menschen zu um Freundschaftsbeziehungen aufzubauen. Dieser Bereich ist auf unserer Messlatte sicher noch das kleinste und zarteste Pflänzchen, aber Eichen wachsen eben nicht an einem Tag.
Positiv und überraschend schnell haben sich die Beziehungen mit den Mitarbeitern im Missionswerk entwickelt. Trotzdem bleibt auch hier noch viel zu tun. Die Arbeit mit Waisenkindern ist herausfordernd. Nicht immer verstehen wir sofort warum man dies und das so und so tut. Manchmal scheint es, gibt es einen viel besseren Weg um ein Ziel zu erreichen. Wachstum ist in diesem Fall, geduldig zu bleiben, daran zu denken, dass man aus einer anderen Kultur kommt, emphatisch und als Lernende nach den Beweggründen zu fragen. Und manchmal beobachtet man danach Veränderungen, die scheinbar wie von selbst stattfinden …
Fazit
Ausgewachsen sind wir also noch lange nicht, aber es scheint, dass es in die richtige Richtung geht. Vorausgesetzt wir deuten die Sprache des Lebens richtig und sie macht keinen unverständlichen Scherz mit uns ;-).
Vielen Dank für diesen erfrischenden und mit Genuss zu lesenden Bericht. Wir mühen uns dran zu bleiben am Gebet für euch und wünschen euch viel Kraft für die nächsten drei Monate. Möge unser Herr euch reichlich segnen! Ganz liebe Grüße Jochen & Rita
Gesendet mit der Telekom Mail App http://www.t-online.de/service/redir/emailmobilapp_ios_smartphone_footerlink.htm
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Danke Familie Endres, diesmal hat der Redaktionskreis keine Zeit für Kritik gehabt… 🤔
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